Mit gebannten Blicken starre ich zur Tür und als
die blonde Schönheit mit den saphierblauen Augen den Raum betritt, bleibt mir
gelinde gesagt der Atem vor Neid in den Lungen hängen.
Instinktiv schließe ich meine Augen für einen
Moment und sammle mich. Dann weise ich ihr den Platz neben mir auf dem Sofa.
Während sie sich hinsetzt, nehme ich mein Tablett
mit der Tastatur in die Hand und wende dann ihr meinen Blick zu. »Moin Nina,
schön, dass du dir ein wenig Zeit nimmst und mir ein paar Fragen beantworten
willst.«
»Aloha Astrid. Schön, dass du mal Zeit für mich
gefunden hast, zwischen all den anderen Dingen, die du inzwischen so machst.«
Ein leichtes Grinsen huscht über mein Gesicht. »Tja,
weißt du. Ich arbeite hart daran, dass du die Welt entdecken kannst oder
vielmehr die Welt dich.«
»Ach ja. Was denn zum Beispiel?«, fragt sie und
ihrem Unterton kann ich entnehmen, dass sie ein wenig geknickt ist, weil ich
ihr in letzter Zeit so wenig Aufmerksamkeit schenke.
»Ähm, zum Beispiel dieses Interview führen, um es
auf dem Blog«, ich stocke. »Sag mal … Wer stellt jetzt eigentlich hier die
Fragen?«
»Na du. Du bist doch schließlich die Autorin,
oder?«, antwortete sie prompt und schenkt mir ihr zahnpastaweißes Lächeln.
»Richtig! Also stelle ich dir jetzt die Frage,
wann du geboren bist.«
Nina überlegt einen Moment. »Eigentlich bin ich am
07.08.2009 aus einem Traum heraus entstanden, doch laut meinem
US-amerikanischen Pass und meinem deutschen Ausweis bin ich am 25.07.1983 in
Honolulu zur Welt gekommen.
Mein Vater Johannes wollte, dass ich wenigstens
die US Bürgerschaft erhalten, da er sie, obwohl er ein halber Hawaiianer ist,
nicht für sich beanspruchen kann.
Meine Großmutter Elisabeth lernte meinen Großvater
im 2. Weltkrieg in Frankreich kennen. Er war kurz vor dem D-Day als Vorhut aus
einem US Bomber gesprungen und hatte sich dabei verletzt. Omi, fand ihn und
pflegte ihn gesund. Tja, und wie es sich für eine schöne Romanze gehört,
verliebten sie sich bald ineinander und mein Vater kam kurz nach Kriegsende zur
Welt. Aber mein Grandpa wusste nichts davon, da er bereits wieder in der Heimat
war ... aber das ist ja nur ein Teil meiner Geschich…«
»Stopp! Du verrätst zu…«, versuche ich ihren
Redefluss zu unterbrechen.
Doch Nina plappert ungeniert weiter: »Viel
interessanter ist, dass ich durch meinen Großvater und auch durch meine
Großmutter Magie in mir trage, zumindest soweit ich es inzwischen weiß. Meine
Erschafferin,« sie zwinkert mir ungeniert zu, »feilt aber, soviel hat sie mir
verraten, an noch einem viel interessanteren und alles in einem neuen Licht
werfende Backround.«
»Okay, okay … ich habe es verstanden!«, gebe ich
geknickt zu. »Wenn dieses Interview beendet ist, werde ich dich endlich in
deine Flitterwochen schicken und dir mehr Fähigkeiten geben. Ist das okay?«
Sie strahlt. Und als ich mich umdrehe und in die Gesichter
von Ben und Tom blicke, frage ich mich, wem jetzt wohl das Lächeln gilt: Mir
oder einem dieser Prachtexemplare von Männern?
Aber egal. Ich bin ja schließlich gut erzogen und
biete den beiden mit einer freundlichen Handgeste einen Sitzplatz an.
Ben kommt erst zu mir und reicht mir seine Hand.
Seine Finger fühlen sich samtweich an und man merkt, dass er selten
Handwerkertätigkeiten ausübt. Seine Bernstein farbenen Augen glitzern nahezu
golden, als er einen Blick auf Nina wirft und ich frage mich, wieviel ich an
dieser Stelle wohl verraten darf. »Aloha. Ich hoffe wir stören nicht. Tom und
ich kommen gerade vom Schwimmen«, sagt er mit einer leicht angerauhten Stimme, die ich nur zu gerne auch mal beim Einschlafen hören würde. »Ich hab
es doch tatsächlich geschafft, den Kleinen mal zu schlagen Koa gibt mir
ganz schön Kraft. Das hast du dir fein ausgedacht.« Er zwinkert mir zu und
setzt sich dann zu Ninas rechten Seite aufs Sofa.
Tom hatte indes auf ihrer linken Seite Platz
genommen und beide, Ben sowie Tom, greifen nun nach Ninas Hand auf ihrer
jeweiligen Seite und halten sie fest, als wenn sie ahnen, dass ich nichts gutes
im Schilde führe und sie beschützt werden muss.
Ich schlucke schwer. Doch ich weiß, dass sein muss, was sein muss und konzentrierte mich erst mal darauf, was hier als nächstes passiert.
Ich schlucke schwer. Doch ich weiß, dass sein muss, was sein muss und konzentrierte mich erst mal darauf, was hier als nächstes passiert.
Mit seinem üblichen Grinsen über dem Mundwinkel,
strahlt Tom mich an und meint: »Danke fürs Speed Boot. Ist ne echt tolle
Überraschung gewesen. Du hättest mal Sunnys Gesicht sehen müssen, als ich quer
durch die Bucht gerast bin und sie ne Wasserladung abgekriegt hat, weil sie
nicht schnell genug vom Steg runter war.« Er lacht und Nina stupst ihn unsanft
mit ihrem Ellbogen an.
Ben indes schenkt ihm einen mahnenden Blick.
»Gut«, sage ich schließlich. »Wenn ihr beiden
schon mal hier seid, dann könnt ihr mir ja auch Rede und Antwort stehen, oder?«
Beide nicken und Tom fängt, ähnlich wie Nina, an zu
quasseln: »Das wir auf Oahu geboren sind, weißt du ja schon.« Zustimmend nicke
ich, doch er sieht es gar nicht - Zu sehr ist er damit beschäftigt seine
Biografie runter zu rasseln. »Als Kinder waren Ben und ich in Deutschland auf
dem Internat, weil unsere Großmütter ja gebürtige Deutsche sind. Die High-School
und die Uni haben wir in Honolulu besucht.« Seine Augen strahlen mich dabei mit einem satten Grün an.
»Das Internat in Deutschland, welches wir als
Grundschüler besucht haben, liegt übrigens am Ammersee«, mischt Ben sich ein.
»Woher …?«, frage ich laut.
»Ich hab´s gerade in deiner Seele gelesen, als ich dir die Hand gab.«
»Ah ja, okay. Aber meine Erlaubnis hattest du
nicht dafür!«, maßregle ich den Dreißigjährigen.
»Gleiches mit Gleichem«, gibt er mir zu verstehen.
»Du wühlst ja schließlich auch ständig durch unsere Köpfe.
Für einen Moment bleibt mir die Spucke weg. Ich
hatte ihn gar nicht so forsch in Erinnerung. Die Verschmelzung des Herzens und
der Seele scheint Eigenschaften zu tage zu führen, die ich selbst noch nicht
mal ahne. Um Himmelswillen, wo soll das wohl noch hinführen?
Nina verkrampft plötzlich und starrt geradewegs in
mein Gesicht. »Nein, das kann nicht dein Ernst sein!« Sie wird leichenblass. »DAs wirst du mir nicht antun …«
In diesem Moment kommt Daniel hereingestürmt
»Krümm ihr ein Haar und ich …«
So schnell, wie er eigentlich immer verschwindet,
habe ich meinen Laptopdecken zugeklappt und damit alle vier Protagonisten
wieder auf die Festplatte verdammt.
Mit sanfter Hand streichle ich zum Abschied über
das Gehäuse und murmle: »Keine Sorgen, meine Lieben … Ich habe gemeine Pläne
mit euch, aber am Ende hat alles einen Sinn.«